Erkennungszeichen – 2. Mose 12, 43 – 13, 16 (22. Januar)

In die Erzählung vom Auszug aus Ägypten sind Zeichen Gottes eingewoben, in denen er sich ihnen, stellvertretend für alle zukünftig Gläubigen, als ihren Gott zu erkennen gibt.

Das Passah-Lamm selbst ist ein Zeichen für Christus, der – selbst ohne Sünde – alle Schuld der Kinder Gottes auf sich lud und diese so von der Macht des Todes – hier dargestellt durch den Todesengel, der des Nachts alle männliche Erstgeburt hinwegrafft – befreit. Das Blut des Lammes verwehrt dem Tod den Eintritt in das Leben, das Gott gibt. Dabei muss klar sein, dass das Blut des Lammes keine Wunderkraft hat, weder das Blut des geschlachteten Passah-Lammes, noch irgendein in Legenden überlieferter „Heiliger Gral”. Die Macht geht von dem Glauben aus, dass Gott uns in der einen oder der anderen Handlung Rettung zusagt.

„Amen, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort! und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein.” (Mt 17,21)

Das Passah-Lamm ist auch gleichzeitig Zeichen dafür, dass wir – außer zu glauben – nichts für unsere Rettung tun können. Glaube heißt aber, das zu tun, was Gott mich heißt zu tun. Die Hebräer folgen der Anweisung, ihre Türpfosten mit dem Blut zu bestreichen. Das ist das Zeichen ihres Glaubens – nicht zu verwechseln mit dem Zeichen des Bundes. Christen haben die Taufe zum Zeichen des Bundes und das Gebot der bedingungslosen Nächstenliebe als Zeichen ihres Glaubens.

„Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.” (Joh 13,34-35)

Die ungesäuerten Brote sind Zeichen des Aufbruchs. In der Erzählung erfahren wir, dass die Hebräer so schnell aufbrechen mussten, dass sie gar keine Zeit hatten, den Teig zu säuern. Das ist die Art, wie Menschen zu Gott umkehren sollen: schnell, direkt, ohne Zögern, ohne Blick zurück! Wenn Gott dich ruft, ist dein Leben ohne Gott zu Ende – von einem Moment auf den anderen, denn Gott ist da und geht nicht mehr weg. Es darf nichts mehr in der Welt geben, das dich dann vom Aufbruch zurückhält. In der Bibel wird der Sauerteig oft als Zeichen der Sünde gewertet; er ist ein Zeichen für die Welt und die Mächte der Welt sind Mächte der Sünde, denn immer führen ihre Wege in eine andere Richtung als die, welche Gott für uns vorgesehen hat. Kein Sauerteig heißt, ich mache mich bewusst frei von den Einflüssen der Welt und vertraue darauf, dass der Einfluss Gottes auf mein Leben mehr ist, als ich jemals brauchen werde.

Gott trägt den Hebräern auf, zum Gedächtnis an diesen Tag in jedem Jahr um diese Zeit das sieben Tage lang das Passah-Fest zu feiern. Sieben Tage ist die Dauer der biblischen Schöpfung der Welt. Durch die Rettung der Hebräer aus Ägypten beginnt eine neue Welt; Gott hat nun angefangen, seinen Rettungsplan für seine Kinder in die Tat umzusetzen und er beginnt mit einer gewaltigen Bildsprache, dem Auszug seines Volkes aus der Knechtschaft. Daher sollen die Hebräer sieben Tage feiern und ihren Kindern im Gedenken an ihre Rettung von den Geschehnissen jener Tage erzählen

Die Rettung aller Gläubigen beginnt mit der Auferstehung Jesu aus den Toten, der Tod ist besiegt. Auch hier beginnt eine neue Welt, eine neue Schöpfung – statt den biblischen sieben Tagen geschieht dieses Mal die Rettung in einem einzigen Moment der Gnade. Auch wir haben den Auftrag uns an diesen einen Moment zu erinnern und unseren Kindern davon zu erzählen. Folgerichtig dauert unser Gedenken auch nur einen Moment, nämlich, wenn wir das Abendmahl feiern. Wir werden durch das Opfer Christi aber in jedem Moment unseres Lebens gerettet, daher macht ein fester Zeitpunkt im Jahreskreis keinen Sinn. Es macht viel mehr Sinn, sich immer an diesen Moment zu erinnern, wenn sich eine Gelegenheit bietet, es macht sogar Sinn, solche Gelegenheiten bewusst immer wieder in unsere Leben einzuplanen, nicht nur im Rahmen einer Eucharistiefeier innerhalb des sonntäglichen Gottesdienstes.

Der Jude Jesus hat die Tradition gewahrt und das Abendmahl im Rahmen des Passah-Mahls eingeführt. Das Passah-Mahl war aber auch ein Abendmahl, also eine der wichtigsten Mahlzeiten in einer bäuerlichen Gesellschaft, einem Zeitpunkt, an dem sich für gewöhnlich die ganze Familie um einen gemeinsamen Tisch versammelte. Gerade die heutige hektische Zeit macht solche Momente der Sammlung, der Zusammenkunft schwierig und wertvoll. Gott möchte aber, dass wir uns diese Momente schaffen – und wenn wir unsere Leben einigermaßen objektiv betrachten, werden wir feststellen, es wäre nur zu unserem Besten, wenn wir solche Momente frei von Hektik wirklich regelmäßig hinbekämen – und wenn wir dann irgendwann spüren, dass uns das wirklich gut tut, ist es an der Zeit sich zu erinnern, dass wir diesen Moment einem Moment der Gnade unseres Gottes zu verdanken haben und dann wird er auch nicht mehr als lästige Pflicht empfunden.

Der Gläubige wird feststellen, dieser Gott fordert von uns Dinge, die auf lange Sicht gut für uns sind. Die Zeit der Bildersprache ist jetzt vorbei; es gibt keine Opfer mehr, die ausschließlich zum Gefallen eines Gottes sind!

Es sind aber noch weitere Zeichen und Weisungen enthalten:

Vom zubereiteten Lamm darf nichts aus dem Haus getragen werden, dem Tier dürfen keine Knochen gebrochen werden, und keine Außenstehende dürfen am Mahl teilnehmen. Hier geht es um die bewusste Teilnahme. Der Glaube an Gott, seinem Weg und seinen Weisungen zu folgen ist nichts Beliebiges, nichts, das man „im Vorübergehen” erledigt. Der gemeinsame Tisch ist das Zeichen für die Tischgemeinschaft mit dem Herrn und an dieser Gemeinschaft dürfen auch nur Menschen teilnehmen, die Teil dieser Gemeinschaft sein möchten – damals, als der Bund noch durch die äußerliche Beschneidung des Fleisches geschah, war dies das Zeichen, heute ist die Taufe das äußere Zeichen. Wer am Abendmahl teilnehmen möchte, der muss sich in der Taufe zu Christus bekannt haben. Die Herzenshaltung dieses Menschen können wir genauso wenig überprüfen, wie seinerzeit die Hebräer.

Wer sich aber beschneiden lässt, der soll als Hebräer angesehen werden. Schon in den auf die Schöpfung folgenden Erzählungen sehen wir, dass Gott keinen großen Wert auf Unterscheidung der Nationen legt. Es gibt Menschen die zu ihm gehören und das ist im Grunde alles seine Familie – und es gibt die anderen. Nicht das Blut entscheidet, zu welcher Gruppe man gehört, sondern der Glaube. Und weil Menschen nicht ins Herz des Gegenübers schauen können, das kann nur Gott, ist für uns nur das Bekenntnis wichtig. Menschen, die sich zu Christus bekennen, sind wie Geschwister zu behandeln, auf alle anderen trifft aber genauso das Gebot der Nächstenliebe zu, wie auf die Geschwister. Einen Unterschied gibt es nur, wenn die Familie sich versammelt um ihren Glauben zu feiern.

Die Hebräer sollen ab dem Tag der Befreiung zukünftig alle männliche Erstgeburt Gott opfern. Lediglich bei den Söhnen und den Eseln macht Gott eine Ausnahme; diese dürfen durch ein Schaf ausgelöst werden. Gott begründet das damit, dass er sämtliche Erstgeburt der Ägypter getötet habe, um damit die Freiheit seines Volkes vom Pharao zu erzwingen. Dieses Opfer gehört ganz offensichtlich in die alttestamentliche Bildsprache, die uns etwas erklären soll, denn dieses Opfer ist für den Menschen nicht nützlich und bekundet nur dessen Treue zu diesem Gott.

Welche Bedeutung hat diese damals sehr konkrete Handlung also für uns, die wir nach dem neuen Bund leben? Die Erstgeburt ist immer das Wertvollste, die nächste Generation beginnt. Durch die Opferung der Erstgeburt verletzt der Mensch ganz bewusst den natürlichen, den irdischen Kreislauf des Lebens, der – lange vor Erfindung der Rentenversicherung – noch eine viel existenziellere Bedeutung hatte. Zum Zeitpunkt der Erstgeburt ist nicht sicher, dass es eine zweite geben wird, durch die Bereitschaft der Opferung zeigt der Gläubige sein Vertrauen auf Segen und Fürsorge Gottes. Dies reicht bis auf Abraham zurück, der dann seinen Sohn ja auch durch einen Widder ausgelöst hat.

Wieso werden Esel den Söhnen gleichstellt? Wieder müssen wir uns die bäuerliche Gesellschaft vorstellen. Der Esel war das Transportmittel, der zum Zeitpunkt des Auszugs aus Ägypten alle mitgenommenen Güter in einem Wagen zog. Später würde er alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse zum Markt bringen oder die Gläubigen zur zentralen Stifthütte, noch später zum Tempel in Jerusalem. Der Esel war nicht Teil der bäuerlichen Viehzucht und wurde deshalb auch nicht zum Vieh gerechnet.

Wir opfern heute nicht mehr, auch nicht die Erstgeburt, Gott hat auch schon den Menschen des Alten Bundes gesagt, dass er keinen Gefallen mehr an diesen äußeren Opfern hat.

„Denn an Liebe habe ich Gefallen, nicht an Schlachtopfern, an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern.” (Hos 6,6)

Wir dürfen heute annehmen, dass diese Opfer eine Lehre, ein Weg zur Erkenntnis sein sollten. Menschen, die zu dieser Erkenntnis und Liebe zu Gott und seiner Schöpfung gelangen, brauchen diese Opfer nicht mehr, um eine Beziehung zu Gott zu haben und ehren ihn durch ihr Leben, und den Menschen, die nicht zu dieser Erkenntnis gelangen, nützt dieses Opfer auch nichts, um damit Gott zu kommen. Gott möchte, dass wir ihn (er)kennen!

Mit dem Opfer der Erstgeburt, das er selbst gebracht hat, ist diese Art des bildhaft dargestellten Glaubens endgültig beendet.

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