Der dreieinige Gott spricht – Sprüche 8 + 9 (21. – 24. Mai)

„Ruft nicht die Weisheit, / erhebt nicht die Klugheit ihre Stimme?” (Spr 8, 1)

In den vorherigen Kapiteln wurde bereits deutlich, dass die Weisheit in diesem Buch eine Person ist, nicht ein Mensch aus Fleisch und Blut – zumindest zu jenem Zeitpunkt noch nicht – aber eine Person. Die Weisheit, das ist Gott selbst, ihre Stimme, das ist der Geist Gottes, der zu uns und in uns spricht.

Gott ist kein Mysterium, dessen Geheimnisse in dunkeln Kammern von Ohr zu Ohr geflüstert werden. Seine Erkenntnisse für uns sind offen zugänglich. Sie waren es von Anfang an, lange, ehe sein Wort ein Buch wurde. Jeder, der aufrichtigen Herzens die Weisheit Gottes sucht, wird fündig werden. Gott weist niemanden ab.

„Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan!" (Mt 7,7)

Doch auch die dritte Ebene unseres Gottes kommt hier bereits zu Wort:

„als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. / Ich war seine Freude Tag für Tag / und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund / und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.” (Spr 8, 29-31)

Johannes nutzt dieses Bild und die Erkenntnis, dass auch die Weisheit Gottes durch Worte, durch Sein Wort weitergegeben wird als Einleitung für sein Evangelium:

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. (…) Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit." (Joh 1, 1+14)

„Wer mich findet, findet Leben / und erlangt das Gefallen des HERRN.” (Spr 8, 35)

Im Anschluss offenbart die Stimme der Weisheit noch, an wen sich ihre Worte richten und an wen nicht, denn nach Kapitel 9 sind nicht alle geladen an den Tisch des Herrn. Es gibt Menschen, die von der Erkenntnis ausgeschlossen sind, sie werden „Zuchtlose” genannt. Gott züchtigt – erzieht – die Seinen, zuchtlos sind also jene, ohne göttliche Erziehung; es handelt sich hier nicht um etwas, das sie tun bzw. nicht tun, es handelt sich um etwas, das sie (von Gott) nicht erhalten haben.

Dagegen werden die Kinder Gottes, jene also, die auf die Stimme hören, dankbar auf Hinweise möglicher persönlicher Irrtümer reagieren.

Heißt das nun – bezogen auf heute – dass Christen lieber unter sich bleiben sollen?

Das heißt es sicher nicht! Zum einen hat Christus uns losgeschickt, aller Welt das Evangelium zu verkünden, damit diese bereit ist, wenn er wiederkommt. Zum anderen können wir im Alltag erkennen, dass nicht jeder mit Wasser Getaufte und – auf katholischer Seite – mit Chrisam Gesalbte auch mit Heilligen Geist getauft, also im Geist neu geboren wurde, diese Menschen sind augenscheinlich „Zuchtlose”. Doch es ist nicht an uns, darüber zu urteilen!

Dagegen begegnen wir manchmal auch Menschen, die keine Christen sind, an deren Worten und Handlungen aber deutlich wird, dass Gott bereits an ihnen gearbeitet hat – meist haben sie auch schon von Christus und seinem Evangelium bei der ein oder anderen Gelegenheit gehört – und ihnen fehlt nur noch die Taufe, um amtlich dazu zu gehören. Zum Glück wird Gott sein Urteil über einen Menschen nicht von Formfehlern abhängig machen!

Verkündigung ist demnach für alle. Was Zurechtweisung angeht, wird die Sache scheinbar komplizierter. Doch, genau genommen ist die Sache klar. Sei deinen Mitmenschen gegenüber aufrichtig und stets zur Hilfe bereit, aber nicht aufdringlich. Wenn jemand Rat oder Hilfe von dir möchte, wird er dich fragen oder dir – bewusst oder unbewusst – ein Zeichen geben. Neben Aufrichtigkeit und Hilfsbereitschaft ist also auch Aufmerksamkeit ein guter Begleiter.

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