Matthäus 1, 18 – 25 (2. Januar)

„Darum wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird ihm den Namen Immanuel geben.“ (Jes 7,14)

Genau davon handelt der zweite Abschnitt von Kapitel 1, die – chronologisch über seine Lebensspanne auf Erden – erste Prophezeiung über den Messias tritt ein. Maria, die Verlobte Josephs wird schwanger. In jener Zeit normalerweise ein sicheres Todesurteil für die Frau. Joseph, ein grundehrlicher Mensch, denkt darüber nach, sie heimlich aus der Verbindung zu entlassen. Es ist natürlich fraglich, ob sich so die Situation für Maria wirklich gebessert hätte. Der heilige Geist hätte sie ja nicht heiraten können und so wäre sie eine ledige Schwangere gewesen – das Leben in jedem Fall zu hundert Prozent verpfuscht.

Doch im Traum erscheint Joseph der Engel, der auch Maria erschienen war, erklärt ihm, was Sache ist und was er jetzt tun soll. Der Engel bezieht sich dabei auf die Prophezeiung von Jesaja, ändert den dort genannten Namen aber leicht ab. Der Sohn soll nicht Immanuel („Gott ist mit uns“) sondern Jesus („Gott ist Rettung“) heißen.

Gott macht ernst! Die Erscheinung des Messias auf Erden geschieht durch einen nach dem Gesetz des Moses Tod bringenden Tabubruch: Eine Frau empfängt ein Kind, bevor die Ehe standesrechtlich vollzogen wurde. Auch wenn das durch den Propheten Jesaja so angekündigt war, ändert es nichts an der Tatsache, dass Gott selbst das von ihm erlassene Gesetz hier bricht. Zu seiner Rechtfertigung könnte man hier einwerfen: Gott ist kein Mensch und das Gesetz wurde für die Menschen gegeben. Außerdem fand kein Geschlechtsakt statt; Maria ist nach wie vor Jungfrau – wenn man die Sache formell betrachten wollte. Dass Menschen so denken und handeln, kann aber selbst in der heutigen aufgeklärten Zeit ausgeschlossen werden. Wenn Menschen etwas nicht begreifen, dann suchen sie einen Schuldigen. Eine voreheliche Schwangerschaft würde uns heute zwar nicht mehr die Todesstrafe fordern lassen, aber nach jeglichem größeren Zwischenfall ist das Suchen und Herausdeuten eines Schuldigen immer noch ein festes Ritual, mindestens genau so wichtig wie die Lösung des Problems, oft sogar wichtiger.

Aber dieser Gott setzt sich auch nicht so einfach über die von ihm erlassenen Regeln hinweg. Wenn er das tut, dann will er uns damit etwas wichtiges sagen. In diesem Tabubruch steht das Programm des kommenden Messias bereits festgeschrieben:

Der Messias wird Tabus brechen. Das Gesetz verdammt den Menschen, denn es offenbart seine Schuld. Gott will aber nicht zerstören, er will retten. Darum wird über die Menschen, aus denen er seine ewige Kirche bauen wird, nicht sein Gesetz, sondern seine Gnade richten.  Diese Zeit der Gnade wird mit der Erscheinung des Messias auf dieser Welt beginnen. Jesus wird das Gesetz nicht aus der Welt schaffen, aber er wird diesem Gesetz, das sich über die letzten paar hundert Jahre verselbstständigt hatte, einen neuen Platz zuweisen. Da Menschen an bewährten Dingen festhalten, wird Jesus daher für viele zum Anstoß werden, wie bereits seine Empfängnis Grund zum Anstoß ist.

Schon vor der Geburt Jesu macht Gott deutlich: Erwartet bei mir immer das Unerwartete! Ich passe nicht in eure kleingläubigen, engstirnigen Schubladen.

Matthäus 1, 18 – 25 >>