„Ich bin euer Gott! Niemand, der in mir ist, glaubt nur für sich allein!“ – Spruch des HERRN?
„Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen?“ (Joh 21, 3-5)
Der allererste nachösterliche Gottesdienst war nachweislich ein Picknick!
2024 wird wohl eines der reichsten Ostern, die ich je erfahren habe – das steht jetzt schon fest. Gott redet und redet, wirft den Fokus seines Lichts mal auf diesen, mal auf jenen Punkt. Er ist in unbeschreiblicher, überwältigender Geberlaune, mein Gott. Danke, Papa, für dieses Ostern, für dieses besondere Stückchen Weg mit dir!
„Sie sagten zu Mose: Rede du mit uns, dann wollen wir hören! Gott soll nicht mit uns reden, sonst sterben wir.“ (2. Mose 20, 19)
Irgendwie bin ich diese Ostern in revolutionärer Stimmung. Dieser Satz aus dem zweiten Buch Mose beschäftigt mich. Der Vers davor erzählt, wie es auf dem Berg donnerte und blitzte und wie Hörner laut erschallten. Das war es, was die Israeliten sahen und hörten, darum fürchteten sie sich, denn es entsprach genau dem, wie sie schon am Schilfmeer diesen Gott erlebt hatten: eine brausende und rauschende Wolken- und Feuersäule zwischen ihnen und den Ägyptern, gewaltig und gefährlich, die ein mächtiges Heer im Meer ersäuft.
Den ganzen Abend war ich müde, wie schon gestern den ganzen Tag. Also gab ich irgendwann auf und ging ins Bett. Mein Abendgebet könnt ihr euch vorstellen: „Papa.“ Fertig. Hey, ich bin müde. Aber der letzte Gedanke gehört ihm. Und die Anrede Papa ist okay, hat Jesus gesagt und bei mir ist diese Anrede nicht anderweitig belegt.
„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“
So beschreibt der Evangelist Johannes das Wort Gottes und so stellen wir uns das auch vor: groß, mächtig, gewaltig. Das Wort Gottes ist niemand Geringeres als der Messias selbst. Es steht in den Evangelien, in der Bibel, es wird feierlich und voller Ehrfurcht in Gottesdiensten vorgelesen.
Zugegeben, der Satz stammt aus einer Fernsehserie, die – nach Meinung vieler Fans – nichts mit Gott am Hut hat. Aber erstens sehe ich das anders und zweitens weiß ich, dass Gott nicht wählerisch ist, wenn er mir etwas sagen möchte. Und als eben dieser Satz fiel, da hat er gesprochen.
Gott hat mir klargemacht, dass er mich dieses Jahr auf einen neuen Weg schicken möchte – einen, dem ich ohne Gott als Antreiber sicher ausweichen würde. Ich bin deshalb im Moment in vielen Dingen verunsichert; Menschen, die mich kennen, mag das bereits aufgefallen sein.
Eine Religion ist eine Sammlung von Glaubenssätzen (Gesetzen), die eingehalten und Ritualen, die geleistet werden müssen, um zur jeweiligen Religionsgemeinschaft zu gehören.
„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22,21)
Schlägt Jesus hier die Trennung von Kirche und Staat vor? Nein, denn Jesus redet nie über das Konzept des weltlichen Staates, sondern immer über den Menschen – den Menschen als Individuum und den Menschen als Teil einer Gruppe.
„Meine Mutter und meine Brüder sind die, die das Wort Gottes hören und tun.“ (Lk 8, 21)
Jesus sagt dies zu seinen Jüngern, als diese ihn darauf aufmerksam machen, dass draußen seine Mutter und seine Brüder stehen, diese aber aufgrund der Menschenmassen nicht zu ihm durchdringen können. Es steht hier die Frage im Raum: Wer ist die Familie Jesu, und in jedem Gottesdienst bekennen wir, dass wir das sind, wenn wir ihn als unseren Bruder bezeichnen.
Durch viele Gleichnisse hindurch entstanden für die Gemeinde Christi Bilder und Namen wie Kirche, Braut, Tempel. Jesus selbst bezeichnet uns als Reben die an ihm, dem Weinstock hängen, also durch ihn versorgt werden und leben. Paulus sieht uns als Glieder an einem Leib, dessen Haupt Christus ist.
Doch am verständlichsten ist das Bild der Familie. Jeder Mensch ist Mitglied einer Familie, die meisten verbinden mit dem Begriff Gefühle wie Zugehörigkeit, Vertrautheit, Vertrauen, Nähe, Herkunft, Heimat – sei es aus persönlicher Erfahrung oder weil sie es bei der eigenen vermissen.
Jesus macht es hier ganz deutlich, so, dass es auch ein Kind verstehen kann, denn was „Familie“ ist, das Begreifen Menschen als erstes in ihrem Leben, noch ehe sie den Begriff kennen. Der Anfang dieser Familie ist das Wort, das Evangelium und der Auftrag, das wir hören. Darum feiern wir Gottesdienste. Eine Familie, die sich nicht regelmäßig zusammenfindet, wird früher oder später auseinanderfallen.
Das Hören der im Laufe eines Lebens immer bekannteren Worte ist ein Ritual, wie das Kreuzzeichen, das Vater unser oder die Eucharistiefeier bzw. das Abendmahl. Rituale geben uns das Gefühl daheim zu sein – und dieses Gefühl bestätigt uns, diese Rituale sind mehr als nur Rituale, sie formen uns, sie verbinden uns, machen uns erst zu dem, was wir sind: eine Familie. Dabei sind Vater unser und Abendmahl direkt aus dem Wort Gottes abgeleitet. Und das Kreuzeichen: Vater, Sohn, Heiliger Geist – die drei Wesenheiten des einen Gottes, beschrieben im Wort Gottes, bestätigt von Jesus selbst. Das Kreuzzeichen ist ein Bekenntnis zum Wort, das überall auf der Welt verstanden wird, ist ein Bekenntnis zu dieser Familie, gewissermaßen der Personalausweis.
Darüber hinaus haben sich über die Jahrhunderte viele weitere Rituale entwickelt. Auch diese haben den Zweck, das Gefühl heimzukommen oder daheim zu sein zu verstärken. Rituale, wenn man ihren Hintergrund kennt, sind wichtig, doch es ist ebensowichtig, das Familienleben nicht zu einer Abfolge von Ritualen verkommen zu lassen. Insofern steht kein Ritual für sich selbst, kein Ritual ersetzt die Herzenshaltung, kein Ritual ist heilig oder macht heilig. Kein Ritual, keine äußere Form ist unverzichtbar oder unveränderlich.
Dagegen sind Kirchengebäude und andere sakrale Bauten „nice to have“. Natürlich ist es auch schön, wenn man zu einem vertrauten Ort zurückkommen kann, doch im Kontext dieser Bibelstelle sehen wir, Jesus ist hier an irgendeinem Ort in irgendeinem Haus. Familie ist da, wo sie zusammenkommt.
Jesus bestätigt dies, wenn er sagt
„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20)
Und Gott selbst hat das bereits durch den Namen bekannt, den er Mose nannte. Jahwe – Ich bin der ich bin (da). Wenn man die weitere Erzählung im Alten Testament liest, könnte man zwar zu dem Schluss kommen, dass Gott im Tempel in Jerusalem wohnte, dass es also tatsächlich einen Ort gibt, zu dem man hingehen muss, um Gemeinschaft mit Gott zu haben. Doch dies ist nur ein Bild aus einer Zeit, die mit Bildern lehrte. Jesus erklärt uns über den Ort an dem Gott ist, also sein Reich:
„Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lk 17, 21)
Es gibt also keine bestimmten Orte in dieser Welt, an denen wir Gott näher wären als anderswo. Wir können nicht zu Gott hingehen, denn Gott geht mit uns. Wir haben Gemeinschaft mit Gott, wo immer wir in seinem Namen und im Bewusstsein seiner Gegenwart verweilen! Wo wir uns treffen, wo wir das Wort gemeinsam hören, da ist Familie.
Gottesdienst ist keine Veranstaltung Dritter, die wir, quasi als Außenstehende, besuchen, zu der wir hingehen oder die wir pflichtgemäß ableisten. Gottesdienst ist ein Familientreffen, wir kommen heim!
Und diese Familie hat Rituale zum „Ankommen“, die mit dem Wort zu tun haben, das wir hören. Die Ausgestaltung und Abfolge dieser Rituale können sich über die Jahre oder je nach Anlass oder Familienzweig ändern. Wir kommen heim, wir versammeln uns um unseren Bruder Jesus und er will, dass wir uns wohlfühlen (Joh 21,12).
Es ist an der Zeit, sich von der Vorstellung zu lösen, dass Gottesdienst irgendwelchen äußeren, festgelegten Bildern (und Orten) genügen muss oder dass dafür ein anderer Priester notwendig wäre als Christus selbst.
Wir müssen (wieder) lernen, Familie zu sein. Eine Familie, weil wir das Wort Gottes hören und tun. Gottesdienste als Familientreffen zu begehen und zu empfinden wäre ein Anfang.